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Rückzugswinkel

Der Rückzugswinkel (receding contact angle, RCA) ist der Kontaktwinkel zwischen einer Flüssigkeit und einem bereits mit der Flüssigkeit benetzten Festkörper, der sich im Zuge der Entnetzung einstellt. Der Gegensatz zum Rückzugswinkel ist der sich im Zuge der Benetzung einstellende Fortschreitwinkel.

Warum wird zwischen dem Rückzugswinkel und dem Fortschreitwinkel unterschieden? Ist der Kontaktwinkel nicht immer gleich?

 

Der Rückzugswinkel ist in der Regel kleiner als der Fortschreitwinkel. Zum Beispiel füllt die Flüssigkeit bei der Benetzung oft Vertiefungen in rauen Oberflächen aus, was sich auf das Verhalten bei der Entnetzung auswirkt. Chemische Inhomogenität spielt ebenfalls eine Rolle. Häufig bildet sich auch eine Adsorptionsschicht auf dem Substrat, so dass sich die Chemie der Oberfläche durch die Benetzung ändert. Die Differenz zwischen Fortschreitwinkel und Rückzugswinkel wird als Hysterese bezeichnet.


Thermodynamisch werden die verschiedenen Zustände, die der gemessene Kontaktwinkel bei nicht idealen Oberflächen einnimmt, durch das Auftreten von Energiebarrieren beschrieben, welche zu metastabilen Stadien des Kontaktwinkels führen. [1]

 

Wozu wird der Rückzugswinkel gemessen?

 

Auch wenn bislang der Fortschreitwinkel weitaus häufiger gemessen wird, ist es in vielen Fällen sinnvoll, sich das Entnetzungsverhalten und auch die Hysterese anzuschauen. Wie gut beispielsweise eine hydrophobe Beschichtung ist, lässt sich erst dann umfassend beurteilen, wenn auch das Entnetzungsverhalten betrachtet wird.

 

Bei vielen technischen Prozessen finden Be- und Entnetzungsvorgänge gleichzeitig statt, sodass auch bei der Oberflächenanalyse beide Vorgänge betrachtet werden sollten.

 

Mehr zu den Anwendungen des Rückzugswinkels finden Sie in den Artikeln zur Entnetzung und zur Hysterese

 


Welche Messmethoden existieren für den Rückzugswinkel?

 

Für den Rückzugswinkel gibt es eine Reihe von Messmethoden, die auf Videobildanalyse oder auf mechanischer Messung der Kapillarkraft mit einem Tensiometer beruhen.

 

  • Stood-up Drop: Jetten eines Wassertropfens auf die Oberfläche mit hoher Dynamik. Der Tropfen breitet sich zunächst flach aus und zieht sich dann sehr schnell zu einem definierten Tropfen zusammen. Der aus der Tropfenkonturanalyse resultierende Messwert ist der Rückzugsabschlusswinkel (recently receded contact angle, RRCA), der strenggenommen kein reiner Rückzugswinkel ist.
  • Volumenverkleinerung: Absaugen von Flüssigkeit aus einem dosierten Tropfen mit einer Nadeldosiereinheit. Bei dieser Methode werden in der Regel Fortschreit- und Rückzugswinkel nacheinander gemessen.
Messung des Rückzugswinkels durch Volumenverkleinerung
  • Kontaktwinkelmessung nach Wilhelmy: Der Kraftsensor eines Tensiometers erfasst die Benetzungskraft (Kapillarkraft) an einem meist plattenförmigen Festkörper oder einer Faser. Die Probe wird dabei zunächst in die Flüssigkeit eingetaucht (Messung des Fortschreitwinkels) und wieder herausgezogen (Messung des Rückzugswinkels).
  • Messung an einem abgleitenden Tropfen: Der Tropfen bewegt sich aufgrund der herbeigeführten Neigung einer Oberfläche. An der Front der Bewegungsrichtung benetzt der Tropfen das Substrat, während auf der anderen Seite eine Entnetzung stattfindet. Fortschreitwinkel und Rückzugswinkel ergeben sich simultan aus der Tropfenkonturanalyse
Ermittlung des Fortschreit- und Rückzugswinkels in einem Neigeexperiment
  • Meniskus-Methode: Optische Messung des Faserkontaktwinkels anhand des Meniskus, der sich an einer eingetauchten Faser bildet. Analog zur Wilhelmy-Methode werden Fortschreit- und Rückzugswinkel jeweils beim Eintauchen und Herausziehen der Faser gemessen.

 

Literatur

 

[1] Z. B. W. Drelich, Contact angles: From past mistakes to new developments through liquid-solid adhesion measurements. In: Advances in Colloid and Interface Science 267 (2019) 1-14.

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